Wuttke Times

< Zurück zur Übersicht
Beitrag teilen
08.09.2019

Reicht 1 Millimeter Abstand aus? – Wenn Abstandsflächen und Gebäudegrenzen sich berühren –

Kürzlich sagte eine Teilnehmerin bei meinem Vortrag zu Thema „Grenzkonflikte“ im Pausengespräch: „Mein Chef ist Jurist und er sagt 1 Millimeter Abstand zu einer nicht festgestellten Grenze reicht aus, um das Bauvorhaben zu genehmigen!“.

Da erwiderte ich: „Typisch Jurist, zwar mathematisch und rechtlich nachvollziehbar, aber was nutzt das, wenn das Haus dann falsch zur Grenze steht?“

Eine Immobilie lässt sich nicht mehr versetzen. Nachbarschaftskonflikte sind vorprogrammiert. Wenn die Abstände und Gebäude sich auf sogenannte festgestellte Grenzen beziehen, gibt es keine Probleme. Hier braucht bei der Planung kein „Sicherheitsabstand“ eingehalten zu werden.

In Sachsen gelten als festgestellte Grenzen, welche nach dem 01.09.2003 ermittelt worden sind. Sie sind in den Liegenschaftskarten mit einem zusätzlichen „roten“ Kreis gekennzeichnet.

Seit dem 01.09.2019 sind diese Daten zum Nachschauen frei zugänglich. Aber auch jede Vermessungsbehörde und jeder Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur (ÖbVI) kann hier schnell Auskunft geben.

Alle anderen Grenzen sind für die Planung von Bauvorhaben problematisch. In der Durchführungsverordnung zur Sächsischen Bauordnung ist geregelt, dass Lagepläne von einem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur zu erstellen sind. Leider ist eine vorherige Grenzermittlung, wenn Abstandsflächen und Gebäude Grenzen berühren, nicht festgelegt.

Aus den schlechten Erfahrungen der letzten Jahre und aufgrund diverser Schadensfälle, wird es wohl kaum noch einen ÖbVI in Sachsen geben, der für diese Fälle Aufträge zur Lageplanerstellung annehmen wird.

Auch die Baugenehmigungsbehörden sollten ihre Möglichkeiten der Beratung und Beauflagung ausschöpfen. Das Risiko ist zu groß!

Bei einer Grenzermittlung kann es zum Beispiel in geschlossenen Ortslagen zu Abweichungen von 1 Meter zu den Eintragungen in der Liegenschaftskarte kommen, denn Nachweise im sächsischen Liegenschaftskataster vor 1993 sind sehr inhomogen und teilweise fehlerbehaftet.

Es gibt immer wieder Überraschungen.

Also, wer das Risiko auf sich nimmt und die Kosten für die Vermessung sparen will, sollte aus fachlicher Sicht mindestens 1 Meter (1) „Sicherheitsabstand“ einplanen. Und Zäune sind keine Grenzen des Eigentums und des Baugrundstückes. Grenzsteine können lagefalsch stehen!

Eine Ausnahme bilden Grenzen, die zwischen 1993 und 2003 festgelegt worden sind. Hier kann ein „Sicherheitsabstand“ von 10 Zentimetern (1) ausreichen.

Der Bauherr, der das Risiko nicht eingehen und Nachbarschaftskonflikte vermeiden will, beauftragt vor dem Einreichen des Bauantrages eine Grenzwiederherstellung bei einem ÖbVI.

Weitere Informationen zur Grenzwiederherstellung gibt es hier

Hier finden Sie den passenden Antrag dazu.

Die amtliche Flurkarte mit Nachweis der festgestellten Grenzen bestellen sie hier.

Mein nächster Vortrag bei der Sächsischen Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in Dresden zum Thema Vermessungskostenrecht in Dresden 20.09.2019 statt. Ein spannendes Thema. Hier geht es zur Anmeldung :

https://www.s-vwa.de/seminare/seminardatenbank/

(1) persönliche Erfahrungswerte des Verfassers, rechtlich nicht bindend.

08.09.2019, 00:00