Als Grenzfeststellung in Sachsen versteht man die erstmalige Festlegung einer Grenze. Zusammen mit der Grenzwiederherstellung, dem Übertragen einer in Liegenschaftskataster festgelegten Flurstücksgrenze in die Örtlichkeit, sind das amtliche Grenzbestimmungen. Im Freistaat Sachsen liegen diese in der Zuständigkeit der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (ÖbVI).
So ähnlich muss es auch schon vor über 300 Jahren gewesen sein, denn im Jahr 1710 fand im Lohmener Forstrevier in der Sächsischen Schweiz eine weitreichende Grenzfeststellung statt. So konnten wir es auf einer Hinweistafel auf dem sehr bekannten Wanderweg zwischen Stadt Wehlen und Kurort Rathen lesen. Dort waren meine Fachkräfte und Mitarbeiter im Januar zu einer Fachexkursion mit mir unterwegs.
Wir staunten nicht schlecht, als wir weiterhin lasen, dass aus Anlass dieser Grenzfeststellung ein steinerner Tisch errichtet wurde!
Diesen Luxus haben wir natürlich heute nicht mehr.
Bei weit über 100 Grenzbestimmungen pro Jahr, die ich durchführe, ist das auch kaum möglich. Ich freue mich schon, wenn im Sommer ein schattiges Plätzchen und bei Regen ein Carport zum Unterstellen gefunden wird, um eine Niederschrift anzufertigen. Denn wie schon vor 300 Jahren wird das Ergebnis einer Grenzfeststellung mit den Beteiligten vor Ort dokumentiert. Heutzutage heißt die Prozedur Grenztermin. Er ist laut Sächsischem Vermessungs- und Katastergesetz bei jeder Grenzbestimmung vorgesehen. In der Regel wird er im Stehen durchgeführt.
Ein Tisch zum Schreiben steht mir in den wenigsten Fällen zur Verfügung.
1710 war das anders. Aber hier ging es um eine weitreichende Grenzfeststellung, einer Berainung des kurfürstlichen Lohmener Waldes. Jedenfalls liest man es so.
Bei weiteren Recherchen liest man bei einigen Autoren, so wie der Volksmund es übermittelte, dass bei den Beteiligten zu einem nach der Grenzfeststellung abgehaltenen Jagdfrühstück August der Starke teilnahm.
Dem Kurfürst ist sicherlich nicht gleich aufgefallen, was meine Fachkräfte sofort erkannten. Der Tisch ist nach Norden ausgerichtet.
Die Erklärung ist leicht zu finden. Auch zu damaliger Zeit wurden die Karten schon nach Norden orientiert. Unser steinerner Tisch ist also als ein einfacher und praktikabler Anlegeplatz. Das machte damals, wie heute die Arbeit und das Draufschauen leichter.
Wer das nächste Mal eine Wanderung von Stadt Wehlen zur Bastei unternimmt und am steinernen Tisch vorbeikommt, sollte Platz nehmen, seine Wanderkarten, wenn noch vorhanden und nicht durch Komet und Co. verdrängt, ausbreiten und die Tischkante zur Orientierung nach Norden nutzen und dabei an die Landvermesser von damals und von heute denken!
Detlef Wuttke
Februar 2022
Weitere umfangreiche Informationen zum Steinernen Tisch finden sie hier: http://www.hm-noroc.de/basteigebiet/steinerner_tisch.html
Was eine Grenzfeststellung heute ausmacht können sie hier recherchieren: https://www.wuttke-vermessung.de/leistungen
Im §16 des SächsVermKatG ist die Grenzbestimmung in Sachsen geregelt: https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/9851-Saechsisches-Vermessungs-und-Katastergesetz#p10