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04.04.2025 - Wuttke Feuilleton

Expedition Lauschhübel – Vermessung, Nebel und ein Hauch von Geschichte

Ein Bericht von Detlef Wuttke:

  1. April 2025 – ein Tag, der kein Aprilscherz war.

Schon früh am Morgen lag dichter Nebel über dem Erzgebirgskamm. Die Sicht war begrenzt, die Stimmung mystisch. Doch davon ließen wir uns nicht abschrecken – Ralph Buder, ein leidenschaftlicher Kenner der königlich-sächsischen Triangulation, und ich, Geodät aus Überzeugung, brachen zu einer besonderen Wanderung auf.

 

 

Unser Ziel: der Lauschhübel (tschechisch: Čihadlo), ein historischer Punkt der Triangulation auf tschechischem Gebiet – 842 Meter hoch, von Geschichte durchdrungen und eng verknüpft mit einem der bedeutendsten Vermessungsprojekte Sachsens.

 

Start im Nebel – das Schwarzwassertal ruft

Unser Weg begann gegen 9:30 Uhr am Wanderparkplatz Kühnhaide, direkt am Eingang zum Schwarzwassertal. Es war feucht, kühl – ein typischer Frühlingstag im Erzgebirge. Die ersten Meter begleiteten uns Nebelschwaden, die lautlos durch das Tal zogen. Ein einzelner Nordic Walker kam uns entgegen, fast geisterhaft im Dunst. Doch wir waren entschlossen: Der Lauschhübel wartete.

Schon wenige Kilometer später überquerten wir die Grenze zu Tschechien. Auf alten Pfaden, teils weglos, kämpften wir uns durch feuchte Wälder und moosbedeckte Hänge – immer mit dem Ziel vor Augen: Station 84 der Königlich-Sächsischen Triangulation, errichtet um 1869 auf dem damaligen Territorium der k.u.k.-Monarchie Österreich (Böhmen), heute Tschechien.

 

Ein stiller Held der Vermessungsgeschichte

Der Gipfel ist nicht spektakulär – aber was dort steht, ist von großem Wert: Eine steinerne Säule, nachgebildet, mit Inschrift „Sächsische Triangulation“.

 

 

Sie gehört zur zweiten Ordnung eines der genauesten und ambitioniertesten Vermessungsprojekte Europas. Während die erste Ordnung Teil der Mitteleuropäischen Gradmessung war, diente die zweite Ordnung – zu der der Lauschhübel zählt – der präzisen Landesaufnahme Sachsens.

Ralph erzählte mir begeistert von der Übergabe der Beobachtungsdaten durch die österreichischen Kollegen an die sächsischen Berechner – ein frühes Beispiel grenzüberschreitender wissenschaftlicher Zusammenarbeit.

Hier ein paar Worte von uns, zu diesem historischen Denkmal: Ein stiller Held der Vermessungsgeschichte .

 

Picknick, Grenze und plötzlich Sonne

Nach einem kleinen Picknick am Gipfel folgten wir der Grenze Richtung Kühnhaide. Um exakt 12 Uhr überquerten wir wieder den Grenzbach – und plötzlich lichtete sich der Himmel.

 

 

Die Sonne kam hervor, als wollten die Wettergötter uns für unsere Ausdauer belohnen. Wir saßen vor der Kühnhaider Kirche, deren barocker Zwiebelturm seit 1787 das Ortsbild prägt, und genossen die wärmenden Strahlen.

 

Grüner Graben und Schwertweg – Geschichte unter unseren Füßen

Der Rückweg führte uns am Grünen Graben entlang, einer historischen Wasserführung aus dem Bergbau. Hier floss einst Wasser gezielt über Berge hinweg zu den Gruben – ein technisches Meisterwerk vergangener Jahrhunderte.

 

 

Unser letzter Halt war ein alter Grenzstein an einer steinernen Brücke über das Schwarzwasser. Er liegt am historischen Schwertweg, einem sächsischen Militärweg aus dem 15. Jahrhundert, der zur Grenzverteidigung angelegt wurde. Noch heute sind diese Steine mit sächsischen Schwertern markiert – stille Zeugen der Landesgeschichte.

 

Ein Tag mit Tiefe

Diese Tour war mehr als eine Wanderung. Sie war ein Ausflug in die Geschichte der Vermessung, ein Erlebnis in wilder Natur, ein stiller Moment auf einem vergessenen Berg, der einmal Zentrum wissenschaftlicher Präzision war.

Der Lauschhübel – oft übersehen – ist ein Ort für Entdecker, Geodäten, Freunde alter Karten und solcher, die verstehen wollen, wie unsere Welt vermessen wurde.

 

Wir kamen zurück zum Parkplatz – dankbar, inspiriert und mit dem festen Vorsatz: Solche Touren machen Lust auf mehr.